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Steuerliche Neuregelung für Dienstreisen bei auswärtiger Aus- und Fortbildung

25.05.2005

Der Gesetzgeber hat die steuerliche Berücksichtigung von Ausbildungs- und Fortbildungskosten ab 2004 neu geregelt.


Der Gesetzgeber hat die steuerliche Berücksichtigung von Ausbildungs- und Fortbildungskosten ab 2004 neu geregelt (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG i.d.F. des Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung und weiterer Gesetze v. 21.7.2004, BGBl I 2004 S. 1753). Der Steuerpflichtige kann die Kosten für erstmalige Berufsausbildung und das Erststudium - auch soweit sie berufsbegleitend durchgeführt werden - nur noch im Rahmen der Sonderausgaben bis zu maximal 4.000 EUR pro Jahr steuerlich geltend machen. Für die Besteuerungspraxis bei den Finanzämtern bedeutet dies, dass in allen übrigen Fällen Aufwendungen für Bildungsmaßnahmen zu den unbeschränkt abzugsfähigen Werbungskosten gehören, auch bei einer beruflichen Umschulung oder bei einem Zweitstudium, sofern bereits ein konkreter Zusammenhang mit späteren Lohnbezügen besteht. Fraglich ist hierbei die Anwendung der lohnsteuerlichen Reisekosten für die Fahrten zur auswärtigen Aus- bzw. Fortbildungseinrichtung. Die Finanzverwaltung hat hierzu klarstellende Anweisungen herausgegeben (vgl. z. B. OFD Münster, Verfügung v. 11.3.2005). Maßgebend für die Unterteilung ist, dass ein inhaltlicher Bezug der Aus- bzw. Fortbildung zum bestehenden Dienstverhältnis besteht.

Bildungsmaßnahmen als Ausfluss aus dem Dienstverhältnis

Aufwendungen, die dem Arbeitnehmer durch den Besuch einer auswärtigen Ausbildungs- oder Fortbildungsstätte entstehen, sind nach Dienstreisegrundsätzen zu berücksichtigen, wenn die Bildungsmaßnahme Ausfluss des bestehenden Dienstverhältnisses ist. Reisekostenregelungen gelten damit für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen, die im Rahmen eines konkreten Dienstverhältnisses durchgeführt werden, also insbesondere dann, wenn sie vom Arbeitgeber angeordnet worden sind. Hierunter fallen Fahrten zur Berufsschule, der Besuch von Berufsakademien sowie Kurse der Handwerkskammern im Rahmen von sog. Ausbildungsdienstverhältnissen. Muss der Arbeitnehmer die Dienstreise im Rahmen seiner Ausbildung unternehmen, gelten dieselben Grundsätze wie nach Abschluss der Ausbildung (BFH, Urteile v. 4.5.1990, BStBl II S. 859 und 861).

Eine Bildungsmaßnahme kann aber auch dann als Ausfluss der Berufstätigkeit erfolgen, wenn sie außerhalb des Dienstverhältnisses durchgeführt wird. Entscheidend für die Anwendung der Reisekostenregelungen ist allein, dass ein inhaltlicher Bezug zum konkreten Dienstverhältnis besteht. Unerheblich ist, ob die Aus- oder Fortbildung auf Veranlassung des Arbeitgebers stattfindet. Besucht ein Arbeitnehmer neben seiner Berufstätigkeit einen Fortbildungskurs, z. B. nach Dienstschluss oder an den Wochenenden, führt er nach Verwaltungsauffassung ebenfalls eine Dienstreise durch, auch wenn er diesen Kurs ohne Wissen des Arbeitgebers nach Dienstschluss besucht. Gerade bei einer Berufsausbildung- oder Berufsfortbildungsmaßnahme, die berufsbegleitend zusätzlich neben der Beschäftigung und damit außerhalb des Dienstverhältnisses durchgeführt wird, bestimmen sich die Fahrt- und Verpflegungskosten nach den Dienstreisesätzen, wenn der Arbeitnehmer anlässlich einer berufsbegleitenden Fortbildung eine außerhalb seiner betrieblichen regelmäßigen Arbeitsstätte gelegene Aus- oder Fortbildungsstätte aufsucht (R 34 Abs. 2 LStR). Unerheblich für die Anwendung der Dienstreiseregelungen ist nach Verwaltungsauffassung, ob die Aus- oder Fortbildung während der Dienstzeit oder in der Freizeit am Abend bzw. am Wochenende stattfindet.

Besucht ein Arbeitnehmer im Rahmen eines (Ausbildungs-)Dienstverhältnisses oder als Ausfluss des konkreten Dienstverhältnisses eine auswärtige Bildungseinrichtung über einen längeren Zeitraum, erkennt das Finanzamt nur für die ersten 3 Monate eine Dienstreise an. Innerhalb der ersten drei Monate können daher Fahrtkosten nach Dienstreisegrundsätzen (0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer), Übernachtungskosten und Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten abgezogen werden. Ab dem 4. Monat wird die auswärtige Bildungseinrichtung zur weiteren regelmäßigen Arbeitsstätte (R 37 Abs. 3 Satz 3 LStR). Abweichend hiervon beschränkt der BFH neuerdings die Dreimonatfrist für die Fiktion einer weiteren regelmäßigen Arbeitsstätte auf Sachverhalte, in denen sich die auswärtige Tätigkeit im Vergleich zur Arbeit im Betrieb, Büro oder sonstigen regelmäßigen Arbeitsstätte zeitlich und inhaltlich nicht als untergeordnet, sondern zumindest als gleich geordnet darstellt (BHF, Urteil v. 18.5.2004, BStBl 2004 II S. 962). Eine entsprechende Regelung hat die Finanzverwaltung für den Bereich der Fortbildung in die Lohnsteuer-Richtlinien 2005 aufgenommen (R 34 Abs. 2 Satz 4 LStR).

Für Fort- und Ausbildungsmaßnahmen, die im Rahmen eines Ausbildungsdienstverhältnisses oder sonst als Ausfluss des konkreten Dienstverhältnisses, z.B. berufsbegleitend, durchgeführt werden, gilt aufgrund der geänderten Rechtsprechung die Dreimonatsfrist nur noch, wenn die Bildungsmaßnahme mindestens 3 Tage pro Woche umfasst. Die Dreimonatsfrist gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer die Aus- oder Fortbildungsstätte an nicht mehr als zwei Tagen wöchentlich aufsucht. Hier stellt jede Fahrt für sich eine eigene Dienstreise dar, auch nach Ablauf von drei Monaten.

Beispiel: Ein Steuerfachwirt besucht neben seiner täglichen Arbeit Wochenendkurse zur Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung. Jeweils Freitag abends und samstags fährt er ein Jahr lang mit seinem Pkw von zu Hause zum auswärtigen Unterrichtsort.

Die Fahrten zu den Wochenendkursen stellen für jeden einzelnen Unterrichtstag Dienstreisen dar. Anders als beim Blockunterricht kann der Steuerfachwirt für die Gesamtdauer der Fortbildungsmaßnahme seine Fahrtkosten mit 0,30 EUR je gefahrenem Kilometer als Werbungskosten geltend machen. Da die Abwesenheit von der Wohnung am Samstag jeweils 9 Stunden beträgt, kann er für diese Tage zudem die Verpflegungspauschale von 6 EUR erhalten. In gleichem Umfang kann der Arbeitgeber stattdessen steuerfreien Reisekostenersatz leisten.

Bildungsmaßnahme nicht Ausfluss des Dienstverhältnisses

Ist die Aus- oder Fortbildungsmaßnahme nicht Ausfluss des Dienstverhältnisses eines Arbeitnehmers, kann sich die regelmäßige Ausbildungsstätte in der Wohnung des Steuerpflichtigen oder am Schulungsort befinden. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer während der Fortbildungsmaßnahme nicht in einem Dienstverhältnis steht, weil er z. B. nicht berufstätig bzw. arbeitslos ist, oder wenn zwischen dem Dienstverhältnis und der Bildungsmaßnahme kein inhaltlicher Bezug besteht, z.B. bei einer Umschulung oder einem Zweitstudium. Hier ist zu prüfen, wo sich der Schwerpunkt der Bildungsmaßnahme befindet. Bei einem Fernstudium stellt die Wohnung des Steuerpflichtigen die regelmäßige Ausbildungsstätte dar. In diesem Fall sind Dienstreisegrundsätze lediglich für gelegentliche Fahrten zu anderen Ausbildungsorten anzuwenden, etwa zu Lerngemeinschaften oder an die Universität (BFH, Urteil v. 29.4.2003, BStBl 2003 II S. 749).

Besucht ein Steuerpflichtiger im Rahmen einer Bildungsmaßnahme, die nicht Ausfluss aus einem bestehenden Dienstverhältnis ist, eine auswärtige Bildungseinrichtung über einen längeren Zeitraum fast arbeitstäglich und hat er daneben keine regelmäßige Arbeitsstätte - auch nicht in seiner Wohnung ist diese vom ersten Tag an regelmäßige Arbeitsstätte. Praktischer Anwendungsfall ist, dass ein Arbeitnehmer ohne Dienstverhältnis einen Vollzeit-Meisterkurs besucht. Der Werbungskostenabzug für die Wege zwischen Wohnung und Ausbildungsstätte ist nur in Höhe der gesetzlichen Entfernungspauschale zulässig. Der Ansatz von Verpflegungsmehraufwendungen entfällt insgesamt. Steuerfreier Arbeitgeberersatz ist ebenfalls ausgeschlossen, weil eine berufliche Tätigkeit am Ort der regelmäßigen Arbeitstätte den Ansatz von lohnsteuerlichen Reisekosten ausschließt. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Steuerpflichtige am auswärtigen Ausbildungsort eine Unterkunft hat. Hier kommen eine Berücksichtigung der Kosten und damit auch steuerfreie Ersatzleistungen des Arbeitgebers im Rahmen der doppelten Haushaltsführung in Betracht. Der Arbeitnehmer kann neben den wöchentlichen Familienheimfahrten und den Unterbringungskosten für die ersten drei Monate Verpflegungsmehraufwendungen für die Tage der auswärtigen Unterbringung in Anspruch nehmen.


Quelle: Hartmann